Rückschau 2013
Christoph Keller (Donnerstag, 7. November 2013 im Kellertheater, Einführung Wolfgang Bortlik) stellt seinen Roman Übers Meer vor, ein trotz aller Widersprüche und Dissonanzen, Rätsel und bewusst offengelassenen Situationen sehr ansprechendes Buch. Der Rundfunkredaktor Christoph Keller präsentiert es sprachlich gekonnt und mit einer geschickten Auswahl der gelesenen Passagen.
Ein
Roman, der durch seine Sprache, seine Anschaulichkeit, seine
kulturellen und historischen Bezüge fasziniert … Das Publikum war
fasziniert.
(Rolf Spriessler, RZ, 15. 11. 13)
Yvonn Scherrer (19. Oktober 2013, KALEIDOSKOP, Kellertheater, Einführung Markus Ramseier), liest aus ihrem ersten Buch "Nasbüechli.
Eine Duftreise" und vermittelt dem sehr interessierten Publikum einen
sehr plastischen Eindruck davon, wie ein blinder Mensch die Welt
wahrnimmt, nämlich in allererster Linie nicht durch das Gehör, sondern
durch ihre Düfte. Bemerkenswert ist, mit welcher Farbigkeit und
Differenziertheit die berndeutsch schreibende Autorin olfaktorische
Sensationen in Sprache umzusetzen versteht. Als Journalistin und
Reporterin bei Radio SRF I kommt Yvonn Scherrer viel in der Welt herum –
entsprechend grossen Raum nehmen deshalb auch exotische
Duft-Impressionen ein, etwa die von einer Kakao-Plantage in Brasilien.
Ein faszinierendes Tagebuch übers Riechen.
(Basler Zeitung, 17. 10. 2013)
Lukas Hartmann (26. September 2013, Kellertheater, Einführung Valentin Herzog) stellt seinen neuen Roman "Abschied von Sansibar" vor.
Er erzählt die Geschichte der arabischen Prinzessin Salme, die 1866
mit einem Hamburger Kaufmann durchbrennt und nach dessen frühem Tod mit
ihren drei Kindern zwischen zwei Kulturen verlassen bleibt. Vor allem
aber beschäftigt den Autor das Schicksal des Sohnes Rudolph Said-Ruete,
der nach einer unerträglichen Militärkarriere Kaufmann wird, sich mit
äusserster Energie und wenig Erfolg für den Gedanken der
Völkerverständigung einsetzt und 1946 einsam in Luzern stirbt. Hartmann
stellt die Folgen des kulturellen Identitätsverlustes mit der ihm
eigenen Konsequenz dar.
Bei der Lesung in der ARENA erwies sich Hartmann mit
seiner sonoren und ausdrucksstarken Stimme als exzellenter Präsentator
seines Buches. Das Publikum hörte gespannt zu und spendete …
begeisterten Applaus.
(Paul Schorno, RZ 4. 10. 13)
Markus Ramseier (3. September 2013, Kellertheater, Einführung Valentin Herzog) stellt seinen eben bei Haymon erschienenen vierten Roman "Vogelheu"
vor. Er konzentriert sich dabei auf die beiden Hauptgestalten, die
19jährige Ich-Erzählerin Flo und ihren 70jährigen Grossvater, der sie
als seinen "Stellvertreter" betrachtet und ihr den unmöglichen Auftrag
erteilt, im Fall seines Todes einen angemessenen Nachruf auf ihn zu
verfassen. Das Publikum im bis zum letzten Platz besetzten
Kellertheater dankt dem Autor für seine hervorragend gestaltete Lesung
mit lebhaftem Applaus. Die ARENA-Saisoneröffnung gerät recht
vielversprechend.
"Vogelheu" ist kein Action-Roman, ganz bewusst nicht.
Der Autor lässt sich Zeit, seine Figuren zu entwickeln, schafft Atmosphäre
und kreiert einzigartige Sätze … "Vogelheu" ist ein langsamer
Roman voller Stimmungen und Assoziationen, ein Roman zum Nachdenken …
(Rolf Spriessler, RZ 6. 9. 13)
Rose Ausländer und Gertrud Kolmar (4. Juni 2013, Kellertheater, Einführung Valentin Herzog): Die Rezitatorin Eva Hilbck, am Klavier begleitet von Sylvia Herzog,
stellt zwei lyrische Stimmen aus dunkler Zeit vor: Rose Ausländer
(1901-88) und Gertrud Kolmar (1894-1943) sind Persönlichkeiten, wie sie
sich gegensätzlicher kaum denken lassen, doch in ihrem lyrischen
Schaffen verbindet sie vieles: Klarheit der Form, verhaltene Trauer um
Verlorenes und das Ringen um die Position eines jüdischen Menschen in
finsterster Zeit.
Der Arena-Abend wurde beiden Persönlichkeiten gerecht
und fand im Kellertheater vor vollen Rängen statt … Die meisterhafte
Sprecherin Eva Hilbck las Gedichte und lyrische Texte … Die Texte
Gertrud Kolmars traten in direkten Dialog mit Musikstücken
zeitgenössischer … Komponisten, am Klavier einfühlsam intoniert von
Sylvia Herzog. Text und Musik wurden eins …
(Rolf Spriessler, RZ, 7. 6. 13)
Slam Poetry (21. Mai 2013, Kellertheater): Daniela Dill, Gregor Stäheli, Kilian Ziegler und Remo Zumstein
stellen verschiedene Möglichkeiten der Slam-Poetry vor. Die
Ausdrucksformen reichen von besinnlich-lyrischer Poesie bis zum atemlos
schnellen Rap-Text, von Ironie bis zum Kalauer ("Warschauerin im Tram =
Trampolin") vom geschliffenen Deutsch bis zum breiten Berner Dialekt.
Der Mut von Markus Ramseier und Wolfgang Bortlik, die den Abend zusammengestellt hatten, hat sich gelohnt. Das (sehr zahlreiche aber wider Erwarten nicht unbedingt junge) Publikum ließ sich begeistern. (Rolf Spriessler, RZ, 24. 5. 13)
Gabriele Markus (25. April, Kellertheater,
Einführung Katja Fusek) liest einige Gedichte und stellt dann ihr 2012
bei Isele erschienenes Buch "Zugvögel wir legen uns auf den Wind.
Eine Kindheit" vor. Darin erzählt sie mit grosser Sensibilität und
manchmal auch mit befreiendem Humor von der schwierigen Kindheit einer
Tochter deutsch-jüdischer Emigranten in einem Dorf bei Bern. G. Markus
versteht es, geschickt ausgewählte Episoden locker miteinander zu
verbinden und sprachlich überzeugend zu gestalten.
Gabriele Markus führte das faszinierte Publikum halb
lesend, halb erzählend, durch ihre wieder belebte Kindheit und weckte
die Neugier auf ein Buch voll sprachlicher Poesie, ungewohnter
Perspektiven, beklemmender Momente, Neugier und Freude. (Rolf Spriessler, RZ, 3. 5. 13)
Leo Tuor (9. April, Kellertheater, Einführung Edith
Lohner – Kaleidoskop) stellt sein kürzlich in einer zweisprachigen
Ausgabe neu erschienenes Buch "Giacumbert Nau" vor. Die
Titelfigur lebt – wie der Autor während 14 Jahren – den Sommer über
als Hirt einer grossen Schafherde auf der Greina-Hochebene. Seinen Hund
und seine Katze liebt er, die ihm anvertrauten Tiere betrachtet er
sachlich, den Menschen und ihrem Verhalten widmet er bissige
Bemerkungen. Tuor liest in einer gekonnten Mischung von Deutsch und
Rätoromanisch vor erfreulich grossem Publikum.
Leo Tuor ließ die derbe und doch so poetische Sprache
seines Buches wirken …ein anregender, spannender und in bestem Sinn
nachdenklich stimmender Abend. (Rolf Spriessler, RZ, 12. 4. 13)
Verena Stössinger (7. März, Kellertheater, Einführung Valentin Herzog) liest aus ihrem neuen Roman "Bäume fliehen nicht",
einem dichten, verhaltenen Buch über die Stationen einer Reise, die
der bekannte Schauspieler Jürgen Stössinger nach Polen und Königsberg
(Kaliningrad), also ins einstige Ostpreussen, unternimmt, um Spuren
seiner schwer belasteten, weitgehend verdrängten Kindheit zu finden.
Der Reiz dieser "Rückreise" liegt auch darin, dass
Jürgens Gedanken und Empfindungen in denen seiner Frau gespiegelt
werden … Dieses Ineinander von Nähe und plötzlicher Ferne beschreibt
Stössinger detailliert-sensibel, doch frei von … Sentimentalität.
(Nikolaus Cybinski, RZ, 15. 3. 13)
Erika Keil (31. Januar 2013,
Kellertheater, Einführung: Wolfgang Bortlik) stellt ihren Roman
"Durchatmen" vor, die lebhaft erzählte Geschichte der Begegnung der
etwas naiven Kunsterzieherin Sophie mit der abgetakelten Trinkerin
Manuela und deren beiden Kindern, der hilflosen elfjährigen Ilse und
Ibrahim, der für sie ein "samtiger" junger Mann ist. Interessant auch
die Kostprobe aus Keils demnächst erscheinendem Roman über Caroline
Schlegel: "Wir sind Romantiker".
Keil liest aus "Durchatmen" vier Bruchstücke, die
Lust auf mehr machen, dazwischen zupft Dodo Luther auf seiner Gitarre
und gibt dem Publikum Gelegenheit, über das Gehörte nachzudenken.
(Rolf Spriessler, RZ, 8. 2. 13)