Rückschau 2014

Matto Kämpf (Dienstag, 2. 12. 2014 im Kellertheater, Einführung Wolfgang Bortlik) liest die Anfangskapitel und einige weitere Passagen aus seiner "Erbauungsschrift" mit dem Titel "Kanton Afrika". Das Büchlein schildert die den Münchhauseniaden nachempfundene Reise eines Vorfahren kreuz und quer durch die Schweizer Topographie und Geschichte. Eher lustig als erbaulich. Die Veranstaltung war trotz vorzüglicher Werbung (Einladungskarten und –mails, Plakat, Inserat und Vorschautext in der RZ, zusätzliche Einladung im Rundmail des Literaturhauses, grosser Text in der BaZ) leider nicht besonders gut besucht.
Matto Kämpf ist eine Entdeckung als schräger Erzähler, der wohl eher im Dialekt denn im Hochdeutschen zu Hause ist. Für das Arena-Publikum aber war er eher ein Missverständnis oder ein abenteuerlicher Ausflug in eine etwas fremde Welt. (Rolf Spriessler, RZ 5. 12. 2014)


Ingeborg Gleichauf (Mittwoch, 12. November 2014 im Kellertheater. Einführung/Moderation Katja Fusek) stellt ihre Studie "Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit" vor, eine mit grosser Sensibilität geschriebene Darstellung der krisenreichen Liebesbeziehung zwischen Max Frisch und Ingeborg Bachmann. Da der Briefwechsel zwischen den beiden langfristig gesperrt ist und alle noch lebenden Zeugen recht wortkarg blieben, hatte die Autorin aufwendige Detektivarbeit im literarischen Werk der beiden grossen Dichter zu leisten.
Der Abend, der mit dem Porträt einer grossen, gescheiterten Liebe begonnen hatte (endete in der Diskussion) mit einem ernüchternden Blick auf die Mechanismen des Literaturmarktes. (Rolf Spriessler, RZ 21. 11. 2014)


Ueli Bietenhader (Donnerstag, 30. Oktober 2014 im Kellertheater, Einführung Edith Lohner) liest im Altstätter Dialekt Geschichten aus seinen Büchern "Roote Holder" und "Moll moll", die vorwiegend von Kindheit und Jugend, von Kriegs- und Nachkriegszeit, aber auch von fröhlichen Szenen wie Pferdeäpfelschlachten oder improvisierten Zirkusvorstellungen handeln. Dazwischen erläutert der Mittelschul- und Musiklehrer, Komponist und Filmemacher die Eigenheiten seiner Mundart – und greift auch immer wieder zu Handorgel und Mundharmonika.
Die Menschen im Kellertheater hingen an Bietenhaders Lippen und auch er genoss das Lesen sichtlich. Die Geschichten waren poetisch oder makaber, mal lustig, mal tragisch und ab und zu beides zusammen – eben weil wahr." (Michèle Faller, RZ 7. 11. 2014)

Lektorat Literatur (Donnerstag, 2. Oktober 2014 im Kellertheater). Verena Stössinger und Valentin Herzog (als Lektoren) diskutieren mit Linard Candreia ("Die Südtirolerin") und Geneviève Lüscher ("Die blaue Katze") darüber, was sie als Lektoren beim Begutachten der eingereichten Manuskripte überlegt, bzw. darüber, was sie als Autoren mit der Rückmeldung aus dem Lektorat angefangen haben. In beiden Fällen erwiesen sich sowohl die eigentlichen Gutachten als auch die anschliessenden Gespräche als hilfreich – beide Bücher sind im laufenden Jahr erschienen.
Wie wird aus einer guten Idee ein Text? Und wie aus einem Text ein Buch, das von einem Verlag auch publiziert wird? Um solche Fragen ging es bei der jüngsten ARENA-Veranstaltung. (Rolf Spriessler, RZ 10. 10. 2014)


Hans Platzgumer (Dienstag, 16. September 2014 im Kellertheater. Einführung Wolfgang Bortlik) stellt seinen Roman "Korridorwelt" vor und untermalt dies mit eigenen Songs: Ein schweres Erdbeben erschüttert Los Angeles und treibt den Strassenmusiker Julian Ogert nackt auf die Strasse. Dort überfällt ihn die Erinnerung an den Doppelselbstmord seiner Eltern, eine Katastrophe, die den 17jährigen völlig aus der Bahn warf und zum Heimatlosen werden ließ.
"Korridorwelt" ist schwere Kost, kunstvoll und kenntnisreich erzählt, abstossend und anziehend zugleich … (Rolf Spriessler, RZ 19. 9. 2014)


Wolfgang Bortlik (Dienstag, 3. Juni 2014 im Kellertheater. Einführung Valentin Herzog). Mit signifikanten Schlüsselszenen aus seinem neuen Roman "Arme Ritter" stellt der Autor die Geschichte einer anarchistischen "Viererbande" vor, die 1974 in einem oberbayerischen Dorf einen Banküberfall begeht, deren Mitglieder sich dann mehr schlecht als recht in der immer noch kapitalistischen Gesellschaft zurechtfinden und im Jahre 2010 vor einem Hodler(!)-Bild im Basler Kunstmuseum alte Rechnungen begleichen. Deutlich die ironische Distanz, die Bortlik zu seinen Figuren und ihrem politischen Denken wahrt. Bekannte Songs aus der Zeit – auf der Gitarre begleitet von Gogo Frei – runden das Bild ab.
Bortlik legt den Akzent auf eine Facette seines gelungenen Buches, und zwar jene, die am autobiografischsten sein dürfte … Er betont, dass es wichtig sei, die 1970er Jahre in Erinnerung zu bewahren … In diesem Sinne gelingt es Bortlik, ein Stück Zeitgeschichte aufleben zu lassen." (Rolf Spriessler, RZ 6. 6. 14)


Rudolf Bussmann (Dienstag, 6. Mai 2014 im Kellertheater, Einführung Katja Fusek). Der Autor lässt sich zu Arbeitsweise und Erzählabsicht von Katja Fusel befragen und stellt eine Reihe seiner sehr kurzen Texte aus dem neuen Erzählband "Popcorn. Texte für den kleinen Hunger" vor. In einem etwa geht es um ein Kind, das vor lauter "Üben" den Alltag, die Schule, das Leben zu verpassen scheint, Eltern und Lehrer gleichermassen ratlos lässt. Auch wenn man nicht erfährt, was dieser Junge "übt" – seine Borniertheit und die Fehlhaltung seiner Umwelt gewinnen in dem knapp zweiseitigen Text exemplarisches Profil.
Rudolf Bussmanns Geschichten lassen die Wörter spielen. Und dies nicht nur im übertragenen Sinne. Der Autor kreiert eine Geschichte, in der die Wörter selbst zu Wort kommen … (Matthias Kempf, RZ 9. 5. 14)


Annette Pehnt (Dienstag, 25. März 2014 im Kellertheater, Einführung Katja Fusek). In ihrem neuen Erzählband "Lexikon der Angst" kreist die Autorin das facettenreiche Gefühl unserer alltäglichen Ängste ein. Die kurzen bis sehr kurzen Texte, die Pehnt aus ihrem schmalen Band las, zeigen, wie die Angst sich an harmlosesten Dingen festsetzt – das ist das Tückische daran. Die sonst sehr pflichtbewusste und überlegene Ich-Figur in "Strömung" etwa verpasst immer wieder den Bus zur Arbeit, weil sie nochmal und nochmal in ihre Wohnung zurückkehren muss, um zu kontrollieren, ob die Herdplatte wirklich ausgeschaltet ist.
Das "Lexikon der Angst" liefert lesenswerte Einblicke in unsere meist geheim gehaltenen Befindlichkeiten. Und die werden … so aufgelistet, dass einem zwar nicht angst, doch bange werden kann. (Nikolaus Cybinski, RZ 28. 3. 14)


Arno Cameinisch (Dienstag, 17. Februar 2014 im Kellertheater, Einführung Edith Lohner). Der junge, mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Bündner Autor liest reiz- und humorvolle Miniaturen aus "Hinter dem Bahnhof" und vor allem aus seinem neueste Buch "Fred und Franz", das verschiedenartige Dialogsituationen zwischen dem ungleichen und auch etwas unbeholfenen Freundespaar schildert – Situationen und Wortwechsel, die scharfe Lichter auf unsere Gesellschaft und die conditio humana werfen. Eine Performance mit teils surselvischen, teils bündnerdeutschen Gedichten (Spoken Word Texten) rundete die gut besuchte Veranstaltung ab.
Ob wahr oder nicht, Arno Camenisch weiss zu unterhalten. (Fabian Schwarzenbach, RZ 21. 2. 14)


Maurizio Pinarello: "Salmen" (Donnerstag, 30. Januar 2014 im Kellertheater mit Urs Rudin, Keyboard, und Wolfgang Bortlik, Moderation, Lesen und Gesang). Der Autor stellt seinen anschaulichen Roman über die zwei ungleichen Freunde Enrico und José auf äusserst abwechslungsreiche und vergnügliche Art vor. Da es in dem Roman häufig um die Musik und den Tanz der 70er und 80er Jahre geht, improvisiert er, unterstützt von Keyboard und Gesang, schliesslich sogar eine Tanzstunde mit verschiedenen Damen und Herren aus dem Publikum, das diese lebendige Form der Literaturvermittlung mit grossem Beifall aufnimmt.
Die Geschichte der beiden Secondos aus Basel, die man während zwanzig Jahren begleitet, ist nicht nur ein klassischer Entwicklungsroman, sondern auch die gleichzeitig spannende und angenehm unspektakuläre Geschichte eines ungleichen Freundespaares. (Michèle Faller, RZ, 7. 2. 14)